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Aus unserer Praxis – Insolvenzrecht

 

 

OLG Saarbrücken zum Wegfall der Masseunzulänglichkeit

EISENBEIS Partner setzen sich in ungeklärter Rechtsfrage vor dem OLG Saarbrücken durch

(Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 16.07.2020 – 4 U 61/19)

 

 

Was ist passiert?

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2010 sah sich der Insolvenzverwalter oktroyierten Masseverbindlichkeiten in Form von Kündigungsfristlöhnen ausgesetzt und zeigte Masseunzulänglichkeit an. Ein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung meldete daraufhin Forderungen zur Massetabelle an. Ende des Jahres 2014 entfiel die Masseunzulänglichkeit, was der Verwalter noch im gleichen Jahr dem Gericht anzeigte. Eine Veröffentlichung oder Zustellung dieser Mitteilung unterblieb. Der Forderung des Versicherungsträgers hielt der Insolvenzverwalter im Jahr 2015 nunmehr die Verjährung des Anspruches entgegen. Der Versicherungsträger hatte versäumt – was ihm rechtlich möglich gewesen wäre – die Forderung durch Verwaltungsakt festzusetzen und erhob Klage auf Zahlung gegen den Insolvenzverwalter.

 

Was ist der Hintergrund?

Im Jahr 2017 hatte der BGH entscheiden, dass die Feststellung einer Masse Forderung zur Massetabelle im masseunzulänglichen Verfahren anders als die Feststellung einer Insolvenzforderung nicht die Verjährung der Masseforderung hemmt (BGH, Ur­teil vom 14.12.2017 - IX ZR 118/17).

 

Um was ging es?

Im Jahr 2014 wäre die Masseforderung noch nicht verjährt gewesen. Im Jahr 2015 hingegen schon. Nun galt zu entscheiden: Musste der Insolvenzverwalter im Jahr 2014, nach Widereintritt der Massezulänglichkeit die Masseforderung bedienen, also von sich aus in das Regelverfahren zurückkehren – oder wäre hierzu eine gerichtliche Maßnahme notwendig gewesen? Diese Frage wurde bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Zwar hatte das Amtsgericht Hamburg entschieden, dass der Verwalter bei Wegfall der Unzulänglichkeit von sich aus in das Regelverfahren zurückzukehren habe; danach hätte der Verwalter im Jahr 2014, zu unverjährter Zeit, die Forderung bedienen müssen. In der Literatur wird hingegen die Ansicht vertreten, dass eine Rückkehr in das Regelverfahren voraussetzt, dass der Verwalter den Wegfall der Masseunzulänglichkeit bei Gericht anzeigt – teilweise sogar, dass das Gericht die Rückkehr in das Regelverfahren veröffentlicht und die Mitteilung veranlasst.

 

Die Entscheidung:

Das OLG Saarbücken schloss sich der letztgenannten Ansicht an: Die Mitteilung an das Gericht sei erforderlich, da auch die Feststellung der Unzulänglichkeit eine entsprechende Mitteilung voraussetzt. Darüber hinaus ist im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie zum Schutz der vorrangigen Massegläubiger und des Schutzbedürfnisses des Verwalters eine Veröffentlichung der Rückkehr zum Regelverfahren und eine Mitteilung an die Massegläubiger notwendig, um in das Regelverfahren zurückzukehren. Unterbleibt die Veröffentlichung, darf der Verwalter nicht in das Regelverfahren zurückkehren und bis dahin die Masseforderung nicht bedienen.

 

Bedeutung für die Praxis:

Für Insolvenzverwalter bringt das Urteil des OLG Saarbrücken Rechtsicherheit – für Insolvenzgerichte aber Handlungsbedarf: Die gesetzlich nicht explizit vorgegebene Anzeige des Wegfalls der Masseunzulänglichkeit ist von Insolvenzgerichten nach Eingang der Anzeige durch den Verwalter zu veröffentlichen und die Bekanntmachung zu veranlassen. Öffentlich-rechtliche Massegläubiger müssen ihre Forderung in unverjährter Zeit selbst feststellen oder - wie alle anderen Gläubiger - einen Verjährungsverzicht erwirken.

 

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