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Das MoPeG - die „Jahrhundertreform“ des Personen-gesellschaftsrechts kommt! Oder auch: Was Personengesellschafter und grundbesitzende GbRs jetzt wissen (oder tun) müssen!

A. Grund der Neuregelung

Seit Jahrzehnten werden Studenten - insbesondere des Wirtschaftsrechts - mit der Geschichte und mannigfachen Theorien zu Rechtsnatur und Rechtspersönlichkeit von Personengesellschaften gequält. Vieles, was zwar seit geraumer Zeit Konsens in Literatur und Rechtsprechung ist, lässt sich bei der Lektüre des Gesetzes kaum erkennen. Kurz: Das Personengesellschaftsrecht ist in vielen Punkten stiefmütterlich und teilweise nicht zeitgemäß geregelt. Nunmehr tritt zum 1. Januar 2024 die größte Reform des Personengesellschaftsrechts seit über 100 Jahren in Kraft und kodifiziert in großen Teilen das, was seit Jahrzehnten in Literatur und Rechtsprechung selbstverständlich ist, hält jedoch auch einige Neuigkeiten - und, Überraschung, Ungereimtheiten - bereit.

 

Die neue gesetzliche Regelung widmet sich einerseits Vorschriften, die für die GbR und (zum größten Teil) damit auch für alle Personengesellschaften gelten. Entsprechende Vorschriften finden sich hierzu im BGB (B). Daneben ändert das Gesetz die Vorschriften des HGB, also Vorschriften, die nur auf Handelsgesellschaften OHG und KG Anwendung finden (C). Besonders relevante Änderung ergeben sich zudem für diejenigen GbRs, die Grundeigentum besitzen (D). Alle steuerlichen Implikationen der Neuregelungen sind – insbesondere für grundbesitzende Gesellschaften – noch nicht absehbar (E).

 
 

B. Wesentliche Änderungen für alle Personengesellschaften (GbR, OHG, KG)

 
  • Freies Sitzwahlrecht (§ 706 BGB n. F.): Durch die gesetzliche Neuregelung ist nun klargestellt, dass für alle in Deutschland registrierten Unternehmen ein freies Sitzwahlrecht unabhängig vom Ort der Eintragung gilt. Somit kann z.B. eine in Deutschland registrierte Personengesellschaft vollständig außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets agieren und dennoch eine deutsche Personengesellschaft bleiben. Interessant - da endlich rechtssicher geklärt - ist der damit einhergehende Gestaltungs- und Strukturierungsspielraum für Kommanditgesellschaften mit ausländischen Komplementär-Kapitalgesellschaften.

 
  • Stimmkraft und Ergebnisbeteiligung nach Beteiligungsverhältnissen (§ 709 Abs. 3 BGB n. F., § 120 Abs. 1 S. 2 HGB n. F.): Eine in unseren Augen wesentliche - und unter Umständen besonders beachtliche - Neuregelung schaffen die neuen Vorschriften zur Stimmgewichtung:

 

In unserer Praxis blicken wir immer wieder in erstaunte Gesichter, wenn Personengesellschafter erfahren, dass ohne anderweitige Regelung im Gesellschaftsvertrag bisher ein Stimmrecht nach Köpfen - ohne Ansehung einer Kapital- oder Gewinnbeteiligung - galt. Während im Kapitalgesellschaftsrecht die Stimmrechte nach dem gesetzlichen Normfall der Beteiligung am Kapital folgen, galt im Personengesellschaftsrecht bisher - sofern im Gesellschaftsvertrag nichts Anderes geregelt ist - ein Stimmrecht nach Köpfen. Haben die Gesellschafter einer Personengesellschaft in der Vergangenheit beispielsweise außerhalb eines Gesellschaftsvertrages geregelt, dass A zu 60 %, B und C jedoch nur jeweils zu 20 % am Festkapital und Gewinn der Gesellschaft beteiligt sein sollten, änderte dies nichts an der Stimmgewichtung: Im vorstehenden Beispiel hatte jeder Gesellschafter 33,3 % aller Stimmrechte inne. In der Praxis war es seit geraumer Zeit Gang und gäbe, dass Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften eine Gewichtung nach Gewinnverteilungs- und Beteiligungsquoten vorsahen.

 

Durch die neue gesetzliche Regelung orientiert sich das Stimmrecht zukünftig genau wie im Kapitalgesellschaftsrecht an der Beteiligungsquote.

 

ACHTUNG: Für Personengesellschaften, in denen bis zum 31.12.2023 das gesetzlich vorgesehene Kopfstimmrecht galt, jedoch eine ungleiche Beteiligungsquote der Gesellschafter gegeben ist, besteht also dringender Handlungsbedarf. Ab dem 01.01.2024 wird sich das Stimmrecht an der Beteiligungsquote orientieren. Gesellschafter, denen bislang im Verhältnis zu ihren Mitgesellschaftern eine geringere Gewinnbeteiligung zustand, verlieren in Ermangelung einer gesellschaftsvertraglichen Regelung damit Stimmkraft.

 
  • Informationsrechte und -pflichten (§ 717 BGB n. F.): Das MoPeG führt (zunächst für alle Personengesellschaften) klare Regelungen zu Informationsrechten der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft ein. Die nunmehr im BGB geregelten Informationsrechte lösen die bisherigen Regelung des § 118 HGB ab – die zentrale Regelung gilt damit nicht mehr nur für Personenhandelsgesellschaften sondern für alle Personengesellschaften. Die Informationsrechte des Kommanditisten (siehe sogleich) sind in § 166 HGB n. F. weiterhin gesondert geregelt (siehe unten).

 
  • Abfindungsanspruch des Gesellschafters (§ 728 BGB n. F.): Hinsichtlich des Abfindungsanspruchs eines ausscheidenden Gesellschafters trifft die neue gesetzliche Regelung eine Bewertungsvorschrift: Der Geschäftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters ist nunmehr direkt zu bewerten und nicht wie bisher vom Unternehmenswert abzuleiten.

 
  • Statuswechsel (§ 707c BGB n. F.): Der identitätswahrende Wechsel zwischen verschiedenen Formen der Personengesellschaft/Personenhandelsgesellschaft ist zukünftig zentral im BGB geregelt.

 
  • Nachhaftungsbegrenzung (§ 728b Abs. 1 S. 2 BGB n. F., § 137 Abs. 1 S. 2 HGB n. F.): Der aus einer Personengesellschaft ausscheidende Gesellschafter haftet für Schadensersatzansprüche nunmehr nur noch, wenn die Pflichtverletzung vor dem Ausscheiden eingetreten ist.

 

C. Wesentliche Änderungen für Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG)

 
  • Beschlussverfahren (§ 109 HGB n. F.) und Beschlussmängelrecht (§ 110 ff. HGB n. F.): Für die Personengesellschaften finden sich erstmals präzise Vorschriften zum Beschlussverfahren und Beschlussmängelrecht - grob gesprochen orientiert sich der Gesetzgeber hierbei an den bisherigen aktienrechtlichen Vorschriften.

 
  • Informationsrechte der Kommanditisten (§ 166 HGB n. F.): Wie schon ganz allgemein für alle Personengesellschaften (vergleiche oben) wurden die Auskunftsrechte der Gesellschafter insbesondere auch für den Kommanditisten gestärkt. Dieser war bislang nur in sehr beschränktem Umfang auskunftsberechtigt. Die Informationsrechte der Kommanditisten werden nunmehr umfassend gestärkt und können nicht vertraglich ausgeschlossen werden.

 
  • Einheits-GmbH & Co. KG (§ 170 Abs. 2 HGB n. F.): Die in der Praxis häufiger anzutreffende Einheitsgesellschaft wird erstmals ausdrücklich im Gesetz geregelt. Bei einer Einheits-GmbH & Co. KG ist die Kommanditgesellschaft gleichzeitig Alleingesellschafterin ihrer Komplementärin. Konsequent zu Ende gedacht führt dies zu einem zirkelschlüssigen Abstimmungsverhalten: Beschlüsse der Gesellschafter der Komplementärin sind von der Kommanditgesellschaft zu fassen - diese wiederum ist von der Komplementärin selbst vertreten. Diesen Zirkelschluss löst das Gesetz nunmehr, in dem im Falle der Einheits- GmbH & Co. KG die Gesellschafterrechte in der GmbH von den Kommanditisten der KG wahrgenommen werden.

 
  • Simultaninsolvenz der GmbH & Co. KG (§ 179 HGB n. F.): Für den Fall der Insolvenz der GmbH & Co. KG regelt das Gesetz erstmalig die insolvenzrechtliche Problematik der sogenannten „Simultaninsolvenz“. Gemeint ist damit der häufig anzutreffende Fall, dass sowohl die KG in Insolvenz gerät und zugleich - da persönlich haftend - die Komplementär-GmbH. Bislang galt, dass durch die Insolvenz der Komplementärin diese aus der KG ausscheidet – was nicht nur die Insolvenzabwicklung erschwerte, sondern eine Rechtsträgersanierung nahezu unmöglich machte. Die neue gesetzliche Regelung setzt nunmehr die in der Literatur vertretene Ansicht um, dass im Falle der Simultaninsolvenz § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB nicht anzuwenden ist.

 
  • Freie Berufe (§ 107 Abs. 1 S. 2 HGB n. F.): Bislang war - mit bestimmten Ausnahmen - das Recht der Personenhandelsgesellschaften für Angehörige der freien Berufe bereits gesellschaftsrechtlich gesperrt. Das neue Recht öffnet das Recht der Personenhandelsgesellschaften nunmehr für die Freien Berufe, sofern berufsrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

 
 

D. Die eingetragene GbR - die „eGbR“

 

Die gesetzlichen Neuregelungen sehen die Einführung eines Registers für GbRs vor. In ein entsprechendes Register, können sich alle Außen-GbRs eintragen lassen – sie müssen es sogar, wenn Sie Grundeigentum besitzen, solches veräußern oder erwerben wollen.

 
 

Wann soll/muss eine GbR eingetragen werden?

 

Pool-/Konsortial-/Stimmbindungs-GbR sind i.d.R. nicht rechtsfähige Innengesellschaften. Solche sind nicht in das Gesellschaftsregister einzutragen.

 

Grundstücks-GbR: Nicht nur der Erwerb von Grundstücken durch eine GbR setzt zukünftig die Eintragung voraus (§ 47 Abs. 2 GBO n. F.). Auch künftige Änderungen des Grundbuchs, die Rechte einer bestehenden Grundstücks-GbR betreffen, setzen eine Eintragung in das Gesellschaftsregister und eine Eintragung der Grundstücks-GbR im Grundbuch voraus (Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB n. F.). Solange eine GbR nicht in das Register eingetragen ist, kann sie an Verfügung über Grundbesitz nicht beteiligt sein.

 

Bau-Arbeitsgemeinschaften (ARGE) und Bietergemeinschaften: Für ARGEn oder Bietergemeinschaften besteht kein gesetzliches Eintragungserfordernis in das Gesellschaftsregister. Hier wird die Praxis zeigen, ob eine Registrierung im Rechtsverkehr gefordert wird, insbesondere, ob zB Vergabekammern eine Eintragung verlangen.

 

Restrukturierung: Die GbR wird umwandlungsfähig. Soll die GbR im Rahmen einer Umstrukturierung an einer Umwandlungsmaßnahme teilnehmen, ist eine vorherige Registrierung der GbR im Gesellschaftsregister erforderlich.

 
 

ACHTUNG: Mit der Eintragung in das eGbR Register wird die GbR zu einer „eingetragenen Personengesellschaft“ im Sinne des Geldwäschegesetzes – die eGbR muss ihre wirtschaftlich Berechtigten ab Eintragung zum Transparenzregister melden.

 
 

E. Steuerliche Folgen

Das MoPeG schafft das bisher für Personengesellschaften geltende Vermögenskonzept der „Gesamthand“ ab. Ertrags- und schenkungssteuerrechtlich hat der Gesetzgeber reagiert – das Thema Grunderwerbsteuer spart er aber noch aus:

 
 

Beispiel:

X ist alleiniger Kommanditist einer GmbH&Co. KG. Vor Inkrafttreten des MoPeG überträgt er eine Immobilie auf die GmbH&Co. KG. Der Vorgang ist nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei, da A an der erwerbenden Gesellschaft zu 100% „gesamthänderisch mitberechtigt“ ist. Denn § 5 GrEStG bestimmt:

 

(1) Geht ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück entspricht.“

 
 

Die GmbH&Co. KG aus unserem Beispiel ist ab dem 01.01.2024 keine „Gesamthand“ mehr. Sofern das Grundstück nun (und angenommen innerhalb der 10 Jahres Sperrfirst nach § 5 Absatz 3 Satz 1 GrEStG) veräußert wird, würde der Vorgang steuerbar sein.

 

Derzeit liegt ein gesetzgeberischer Diskussionsentwurf zur Lösung vor. „In a nutshell“ soll statt von der Übertragung an eine Gesamthand nunmehr von der Übertragung an eine Gesellschaft die Rede sein. Ob dieser Diskussionsentwurf bis zur Umsetzung des MoPeG umgesetzt werden kann, ist fraglich – Grundstücksübertragungen unter Beteiligung von Personengesellschafen sollten unbedingt und grade jetzt steuerlich gut beraten werden.

 
 

F. Wie Fazit:

 

Die Reform als „Jahrhundertreform“ zu bezeichnen, mag in Ansehung der spärlichen Gesetzesanpassungen der Vergangenheit dem Umfang nach zutreffend sein – inhaltlich ist sie gewiss nicht der ganz große Wurf. Zu großen Teilen setzt die Reform um, was entweder Konsens der Rechtsprechung zu einst streitigen Themen war (zB Rechtspersönlichkeit und Rechtsfähigkeit der GbR) und passt gesetzliche Leitbilder an die jahrzehntelange, gängige Praxis an (zB Abkehr vom Kopfstimmrecht).

 

Dennoch hat die Reform nicht unerhebliche praktische Auswirkungen. Bereits jetzt:

 

- Sollte jede Personengesellschaft und jeder Personengesellschafter prüfen, ob in Ansehung der anstehenden Neuregelung Anpassungsbedarf an den Gesellschaftsverträgen besteht.

- Sollten grundbesitzende GbRs - sofern Transaktionen außerhalb ohnehin geplant sind - anstehende Grundstücksübertragung unter steuerlicher Beratung ggf. noch in das Jahr 2023 vorziehen.

- Sollten Grundbesitzende GbRs und wirtschaftlich aktive Außen-GbRs, wie ARGEn oder Bietergemeinschaften in Erwägung ziehen, sich zum neuen Jahr eintragen zu lassen – das Transparenzregister nicht vergessen.

Sollten Immobilientransaktionen unter Beteiligung von Personengesellschaften steuerlich wohl beraten werden.

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